Das CRCLR-Haus, die historische Fassladehalle der ehemaligen Kindl-Brauerei, wird seit 2019 renoviert und durch zirkuläre Prozesse aufgewertet, um bald Wohn- und Gewerbenutzungen willkommen zu heißen. Als das Projekt begann, war das Ziel, ein Gebäude so zu bauen, dass die Prinzipien der Kreislaufwirtschaft umgesetzt werden – das sogenannte Circular-Building zu implementieren. Dabei wurden drei Leitprinzipien gesetzt: 1. Die Wiederverwendung gebrauchter Materialien, 2. Das Design für Disassembly und 3. Einen positiven Fußabdruck hinterlassen durch Verwendung von natürlichen Baustoffen.
Wo stehen wir jetzt nach zwei Jahren Bauzeit?
Die Renovierung des bestehenden Gebäudes neigt sich dem Ende zu, die Rohbauarbeiten sind für alle Stockwerke, einschließlich der 2,5-geschossigen Aufstockung, fast abgeschlossen. Die Bauaufgaben wurden zwischen Fachfirmen und einem experimentellen, „zirkulären Team“ aufgeteilt, welches wir für die CRCLR-Baustelle geschaffen haben.
Diese sogenannte kollektive Baustelle hat mehrere experimentelle Bauaufgaben übernommen, mit dem Ziel, so viel kreislaufgerecht wie möglich zu bauen.
Jetzt wird der Innenausbau von verschiedenen Handwerksteams übernommen, welche sich als Ziel gesetzt haben „anders zu bauen“. Heute beschäftigt sich die kollektive Baustelle mit dem Verputzen und Malen, der Fertigstellung von letzten Innenelementen, wie bspw. Türen und Trennwänden und der Herstellung der finalen Fassadenarbeiten.
Bauen mit der Vergangenheit – oder die Wiederverwendung von gebrauchten Bauteilen
Im Haus wurde der bestehende Bestand erhalten und aufgewertet. Die schöne ursprüngliche Baustruktur und Fassade aus dem 19. Jahrhundert wurde größtenteils erhalten und wird demnächst Stein um Stein ausgebessert. Die Ziegel der historischen Fassade zeigen den Charakter des ehemaligen Industriegebäudes. Jetzt sind sie nicht nur außen sichtbar, sondern auch im Sanitärbereich, wo neue Innenwände aus den wiederverwendeten Steinen gebaut wurden.
Trotz logistischer Schwierigkeiten wurden die vorhandenen Bauteile vorsichtig demontiert und 1,5 Jahre lang gelagert. Verschiedene Fenster, Türen, Holz- und Stahlbalken sowie Fassadenpaneele wurden bereits eingebaut oder vorbereitet und stehen für die Wiederverwendung bereit. Trennwände wurden aus ehemaligen Außenfenstern hergestellt – auch dies beleuchtet ein Prinzip des zirkulären Bauens: Bauteile können auf ihre Funktionen reduziert und entsprechend flexibel eingesetzt werden und müssen nicht in ihrer Ursprungsfunktion eingebaut werden. So werden bspw. aus ehemaligen Außenfenstern Innenwände oder aus Dachträgern Balkonumwehrungen.
Für das Projekt wurde auch die Stadt Berlin als Materiallager genutzt und wir haben uns auf die Suche nach geeigneten Bauteilen aus anderem Abbruchbaustellen gemacht. So konnten wir viele zusätzliche Bauteile – wie Außenfenster, Sanitäranlagen und Bodenplatten – auf die Baustelle bringen, aufarbeiten und so die vorhandene graue Energie beibehalten anstatt neue Komponenten einzubauen.
Die Nordfassade des Gebäudes ist ein gutes Beispiel, acht gebrauchte Fenster wurden geplant und eingebaut. Ja, aus alt kann neu werden und auch so aussehen.
Durch die Erfahrung haben wir gelernt, dass einige Komponenten besser für die Wiederverwendung geeignet sind als andere, auf die wir uns in Zukunft konzentrieren können. Das Material sollte am besten bearbeitbar, zuschneidbar oder schweißbar sein.
Langlebige Materialien wie Granit, Ziegel oder Keramik lassen sich leichter wiederverwenden. Standardkomponenten wie Fenster und Türen können gut wiederverwendet werden, wenn die Planung frühzeitig erfolgt und die Abmessungen angepasst werden können. Was die Ausführung betrifft, sollte man mit einer längeren Vorbereitung oder einer Anpassung des Materials rechnen.
Design for Disassembly – oder wie werden die Bauelemente tatsächlich gebaut und verbunden?
Beim zirkulären Bauen geht es nicht nur darum, was gebaut wird, sondern auch darum, wie es gebaut wird. Ziel ist es, die Materialien und Komponenten so zu bauen, dass sie nach ihrer Nutzungsdauer wiederverwendet werden können. Es gibt mehrere Maßnahmen, die umgesetzt wurden:
- Modularität und rückbaubare Verbindungen: Schrauben, Muttern und Bolzen statt Kleber
- Zugänglichkeit und Vereinfachung der Konstruktionen: leichtes Reparieren, Verwendung gemeinsamer Werkzeuge und Standards und Aufputz-Montage.
z.B wurde die gesamte Elektro- und Gasinstallationen des Hauses Aufputz hergestellt, um spätere Rückbau- oder Reparaturarbeiten einfacher zu ermöglichen.
- Ebenso werden alle Details der Konstruktion dokumentiert, um eben solche Reparaturen später überhaupt zu ermöglichen oder auch einfach nur um Erfahrungen zu teilen.
Auf diese Weise werden die Gebäude zu temporären Materiallagern und nicht zum endgültigen Ziel für Bauteile und Materialien.
So ist auch die Galerieebene in der Halle angedacht.
Die Zwischenebene ist modular aufgebaut, damit sie so leicht wie möglich verändert oder umgebaut werden kann. Die Elemente aus Stahl und Holz wurden zusammengesetzt, aufgehängt und verschraubt, sodass sie auch leicht demontiert werden können.
Einen positiven Fußabdruck hinterlassen – oder mit natürlichen Baustoffen arbeiten.
Unser Ziel ist es, aktiv und bewusst positive, mehrwertige Baustoffe zu verwenden. Natürlich wurden auch im Haus viele neue Komponenten verwendet, von denen viele nachhaltig und kompostierbar sind. Auf diese Weise können auch neue Ressourcen später in einen natürlichen Kreislauf zurückgeführt werden.
Als Beispiel können wir hier die Innendämmung der Südfassade des Hauses betrachten. Die Dämmung besteht aus Holzplatten, selbstgemischtem Lehmputz und Holzfaserdämmplatten – also alles recycelbare oder kompostierbare Materialien.
Im Fensterbereich wurde Hanf und Lehm als Innendämmung verwendet, um Lücken im alten Mauerwerk abzudichten. Die Mischung ist ein guter Betonersatz und lässt sich auch in engen Stellen gut verarbeiten. Die neuen gebrauchten Fenster wurden mit Kork Füllmasse abgedichtet.
Die gesamte Verputzung der bestehenden Wände wurde ebenfalls mit Naturbaustoffen durchgeführt, wie Naturkalk-Grundputz und Lehm-Unterputz.
Die natürlichen Baustoffe bringen hier viel Kreislaufgerechtigkeit mit, denn sie sind oft lösbar und leicht zu verarbeiten.
Und diese Bauweise wird bereits in der Aufstockung weiter verfolgt, wo die Montage der Strohwände und der Holzbau des Westhauses gut vorangeht – hierzu folgt ein separates Update.